Die Corona-Pandemie ist ein wesentlicher Veränderungstreiber für die Digitalisierung der bisherigen Arbeitsstrukturen. Das verantwortungsvolle Agieren von Unternehmen in der Digitalisierung wird von Unternehmen bereits als Kriterium der ArbeitgeberInnen-Wahl wahrgenommen. Nicht zuletzt müssen Unternehmen durch den herrschenden „war for talents“ handeln, der besonders stark bei (KI-)EntwicklerInnen beobachtet werden kann. Neben der Hochphase der digitalen Transformation kann auch eine Hochphase der Wertekultur – insbesondere in den Generationen Y und Z – beobachtet werden. Themen wie „Vereinbarkeit von Arbeit und Care-Zeiten“ oder „Nachhaltiges Verhalten durch weniger Pendelverkehr“ nehmen vermehrt zentrale Bedeutung bei der Wahl der Arbeitsstrukturen und auch der Arbeitgebenden ein. Diese Entwicklungen verbinden drei Themen: die Corporate Digital Responsibility, die Zukunft der Arbeit und die jüngere Generation.
Die Generation Y (Jahrgänge 1980 – 1995) und die Generation Z (Jahrgänge 1996 – 2010) umfassen sowohl die Gruppen der bereits im Berufsleben gestarteten als auch die Gruppe derjenigen, die in den nächsten Jahren in den Arbeitsmarkt einsteigen werden. Die Zukunft der Arbeit betrifft sie damit maßgeblich. Und damit sind sie für die Unternehmen von großer Bedeutung, wenn es um die Gestaltung der Zukunft der Arbeit geht.
Die zentrale Frage des Workshops war daher: „Wie stellt sich die Generation Z die Zukunft der Arbeit in einem Unternehmen vor, das Verantwortung in der Digitalisierung übernimmt?“ Es haben sich insgesamt sechs Themenschwerpunkte herauskristallisiert. Die Forderungen und Erwartungen spiegeln sich sowohl in kulturellen und sozialen Schwerpunkten wider als auch in „harten“, strukturellen Schwerpunkten:
- Kompetenzerwerb neu denken notwendig: Als Beispiele sind hierfür Selbstorganisation und digitale Mündigkeit zu nennen: Die Nutzung digitaler Tools, aber auch ein stärker auf Selbstorganisation bezogenes Arbeiten bedingen neue Kompetenzen, denen nicht nur im Rahmen der Ausbildung, sondern auch innerhalb der Unternehmen mehr (und kontinuierlichere) Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. (Weiter-)Bildungsangebote oder Onboarding-Prozesse können dafür beispielhaft als Anknüpfungspunkt für Unternehmen genannt werden.
- Ausgewogenes Maß an Transparenz finden: Wie beeinflusst uneingeschränkte Transparenz unsere Arbeitsbeziehungen und den Arbeitsrhythmus? Wie verhält sich Transparenz mit dem Gefühl von Kontrolle bei den MitarbeiterInnen? Aus dem neuen „Normal“ resultieren perspektivisch Spannungsfelder, für die neue Lösungsansätze gebraucht werden. So etwa für „Transparenz“ und „Kontrolle“: Auf der einen Seite werden mehr Transparenz und Offenheit erwartet, wie die Möglichkeit, sich digital auch einen Überblick über andere Projekte oder gegebenenfalls Einblicke in Finanzen zu verschaffen Auf der anderen Seite gibt es auch Grenzen, denn Digitalisierung bringt neue Formen von Tools mit sich, aus denen sich jedoch keine MitarbeiterInnen-Überwachung ergeben sollte. Das Spannungsfeld der Transparenz auf Seiten der Arbeitgebenden und -nehmenden ist dabei auch eng mit der Wahrnehmung von „Kontrolle“ verbunden: Der Versuch alles zu kontrollieren und messbar zu machen, steht daher am anderen Ende des Spannungsfeldes.
- Rolle von sozialer Interaktion und Mechanismen von Zufälligkeiten im Austausch: Durch andere Arbeitsformen, -zeiten und -orte kann mehr soziale Distanz entstehen. Die Aufgabe für die Arbeitgebenden besteht daher darin, z.B. die Rolle von digitalen Kaffeepausen für die Zusammenarbeit in den jeweiligen Teams einzuschätzen und Alternativen für informelle Gespräche (auf privater und auch inhaltlicher Ebene) zu schaffen. Nicht nur intraorganisational, auch interorganisational gesehen können Mechanismen der Zufälligkeit vertriebsrelevant sein.
- Sinnstiftung der Arbeitsinhalte sowie Wertschätzung über digitale Kanäle zum Ausdruck bringen. Sinnstiftung bezieht sich dabei vor allem auf die inhaltliche Komponente der Arbeit oder auch des Geschäftszwecks der Organisation – dies ist eine Entwicklung, die seit der Generation Y wieder stärker im Fokus steht. Wertschätzung steht in engem Zusammenhang zu dem oberen Punkt „Rolle sozialer Interaktion“ – etwa indem neue Formen von digitalen Wegen für Feedback(-gesprächen) eingebracht werden.
- Individuelle Bedürfnisse von MitarbeiterInnen berücksichtigen, z.B. durch hybrides und flexibles Arbeiten Care-Zeiten und Zeit für sich zu ermöglichen oder den Arbeitstag auf den persönlichen Biorhythmus anpassen. Die Flexibilität der Arbeit ist dabei eins der zentralen Themen, die die NextGeneration für die Zukunft der Arbeit in Unternehmen, die verantwortungsvoll in der Digitalisierung agieren, sehen. Auch „flexibleres“ Arbeiten kann ein Spannungsfeld verursachen, für das die junge Generation Lösungsansätze fordert: Zum einen bieten flexiblere, mobile Arbeitszeit- und Arbeitsort-Modelle die Möglichkeit der bedürfnisorientierten Umsetzung, etwa für Care-Zeiten. Auf der anderen Seite steht die Befürchtung, dass MitarbeiterInnen immer verfügbar und erreichbar sein müssen. Hierbei ist die Erkenntnis wichtig, dass nicht alle Arbeitsprozesse, die sich bereits bewährt haben, auf alle Unternehmen/Organisationen und MitarbeiterInnen übertragbar und anwendbar sind. Denn bei der Diskussion um flexibleres und hybrides Arbeiten muss mitbedacht werden, dass Homeoffice nur für bestimmte Berufsgruppen möglich ist und daher, wie die bereits erwähnte Sinnstiftung in der Berufsausübung auch, als Privileg und nicht als selbstverständlich erachtet werden sollte.
- Disruption „alter“ Führungsstrukturen: Die digitale Transformation großer Teile der Arbeitsstrukturen bedingt auch eine Transformation der hinter den Arbeitsstrukturen stehenden und zum Teil auch impliziten gefestigten Führungsstrukturen. Dabei gilt es Themen wie Mitbestimmung, Gehälter und Führungsstile den Bedingungen der digitalen Arbeitsprozesse anzupassen – und im Sinne eines verantwortungsvollen Unternehmens – auch zu leben. Die typischen Top-Down-Strukturen und Agilität, die die digitale Kollaboration maßgeblich prägt, passen nicht immer zusammen. Ebenso ist es aber auch essenziell neue Wege zu finden, um Erfolge zu feiern – abseits des obligatorisch verschickten Präsentkorb-Pakets.
Aus Sicht der Next Gen kann schon die Auseinandersetzung mit diesen Themen und Spannungsfeldern ein Kriterium sein, durch das sich verantwortungsvoll und nicht-verantwortungsvoll agierende Unternehmen voneinander unterscheiden können. Es gilt daher neue Formen der Mitte auszuhandeln und zu finden. Die sechs Punkte bieten Ansatzpunkte für Unternehmen ihre derzeitigen Strukturen und Prozesse zu reflektieren.
Auffällig in der Diskussion ist dabei, dass die Workshop-TeilnehmerInnen bereits eine digitale Arbeitsstruktur voraussetzen, während diese für viele ArbeitgeberInnen und -nehmerInnen anderer Generationen eher eine Ausnahme darstellen. Es ist daher spannend zu sehen, inwiefern die zukünftigen Arbeitskräfte von morgen ihre Forderungen und Vorstellungen einer digitalen Arbeitswelt Druck verleihen und gestalten.