Digitale Ethik ist in der Schweizer Führungsetage angekommen

Das «Stimmungsbarometer Digitale Ethik» misst erstmals die digitale Verantwortung von Unternehmen in der Schweiz. Cornelia Diethelm geht in diesem Gastbeitrag auf die wichtigsten Erkenntnisse der Studie ein. Dabei zeigt sich, dass die Relevanz ethischer Geschäftspraktiken im digitalen Raum erkannt wird, insbesondere von der Geschäftsleitung.

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Die meisten Unternehmen in der Schweiz verfügen über Erfahrungen mit ethisch umstrittenen Projekten. Dies betrifft vor allem den Umgang mit Daten, zum Beispiel welche Datenauswertungen gemacht werden und wofür Kundendaten genutzt werden (84%). Deutlich weniger verbreitet sind Maßnahmen, die zur Überwachung der Mitarbeitenden beitragen, etwa die Analyse des E-Mail-Verkehrs oder der Einsatz umstrittener Technologien wie Gesichts- oder Stimmerkennung (31%). Fragwürdige Geschäftspraktiken spielen erfreulicherweise keine große Rolle.

Lizenz: Cornelia Diethelm

Zunehmende Sensibilisierung in den Unternehmen

Die Umfrage zeigt, dass ethische Themen in mehreren Unternehmen bereits in interne Dokumente und Prozesse integriert wurden: Jede dritte Person gibt an, dass das Datenmanagement (39%) sowie die Datenstrategie (34%) entsprechende Vorgaben enthält. Oft existiert sogar eine Ethik-Richtlinie (36%) oder sie ist zumindest geplant (19%). Generell bestätigt sich: Je grösser ein Unternehmen ist, desto mehr Vorgaben existieren. Außerdem wird, unabhängig von der Größe, in vielen Unternehmen an ethischen Vorgaben gearbeitet.

Erfreulicherweise ist der Megatrend «Digitale Ethik» auf der Chefetage angekommen: Die Geschäftsleitung gehört zu den wichtigsten internen Befürwortern, wenn es darum geht, auch im digitalen Raum verantwortungsvoll zu handeln (46%). Die wichtigsten Treiber in den Unternehmen sind aber Personen aus dem Datenschutz (64%). Am unteren Ende befinden sich Personen aus dem Marketing (31%). Dieser große Unterschied verdeutlicht, dass innerhalb eines Unternehmens auch Ziele verfolgt werden, die sich widersprechen.

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Dazu passt ein weiteres Ergebnis der Studie: Für 27% der Befragten ist nicht immer klar, ob die datenbasierten Innovationen wirklich ein Problem lösen und im Interesse der Kundinnen und Kunden sind. Innovationen sowie der Einsatz neuer Technologien sollten kein Selbstzweck sein. Auch deshalb lohnt es sich, Geschäftspraktiken mit internen Richtlinien in Einklang zu bringen, welche die Werte des Unternehmens widerspiegeln.

Investition in gute Kundenbeziehungen als Motivation

Die Umfrage macht ersichtlich, dass Unternehmen die Erwartungen ihrer Kundinnen und Kunden ernst nehmen. Wer verantwortungsvoll mit Daten umgeht, investiert nicht nur in gute Kundenbeziehungen (72%). Das Unternehmen kann sich auch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem es sich als vertrauenswürdiges Unternehmen positioniert (67%), gerade angesichts ausländischer Konkurrenten. Eine weitere Motivation besteht in der Reduktion von Risiken (67%). So lassen sich beispielsweise betriebliche Risiken vermeiden, wenn sichergestellt wird, dass keine Menschen durch den Einsatz von Algorithmen diskriminiert werden. Die innere Überzeugung ist bei rund der Hälfte wichtig (52%), wobei dies für kleinere Unternehmen deutlich wichtiger ist als für größere.

Cornelia Diethelm baut seit 2018 das Centre for Digital Responsibility (CDR) auf, einen unabhängigen Think Tank für Digitale Ethik in der DACH-Region, um den digitalen Wandel an der Schnittstelle von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Sie hat Politik, sowie Betriebs- und Volkswirtschaft an der Universität Bern studiert und später einen Master in Digital Business erworben. Ihr Wissen gibt die Unternehmerin auch als Referentin und Dozentin für Digitale Ethik weiter.