Wie ist der Zusammenhang von digitaler Nachhaltigkeit und Mündigkeit zur digitalen Unternehmensverantwortung? Dies kann beispielsweise anhand der zehn Fallstudien der Digital Future Challenge nachvollzogen werden, die Organisationen mit Blick auf aktuelle Herausforderungen Studierenden zur Verfügung stellten. Die Fallstudien befassten sich mit Fragen der digitalen Landwirtschaft, der Zukunft von Smart Factories oder auch der digitalen Kultur- und Bildungsvermittlung. Die Bedeutung der Digital Literacy erläutert Thomas Northoff (Vorstand der Deloitte-Stiftung) so: „Wir sind umgeben von Informationen, die uns in ihrer digitalen Form in immer größerer Dichte erreichen. So selbstverständlich das sein mag: Dass wir alle gleichermaßen davon profitieren, ist noch längst keine Selbstverständlichkeit. Für eine echte digitale Teilhabe müssen wir Kompetenzen und Fähigkeiten über alle Alters- und Ausbildungsstufen hinweg fördern, sprich: Digital Literacy.“ Die Digital Future Challenge, ein Projekt der Deloitte-Stiftung und der Initiative D21 e.V., gefördert durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie unterstützt durch die Bertelsmann Stiftung, bringt mehrere Stakeholder mit dem Ziel zusammen, Ideen für eine verantwortungsvolle digitale Zukunft zu entwickeln. In Bezug auf den zweiten Schwerpunkt, die Digital Sustainability, sagt Hannes Schwaderer (Präsident der Initiative D21 e.V.): „Glücklicherweise gibt uns die Digitalisierung unterschiedliche Instrumente an die Hand, um den großen Krisen – allen voran dem Klimawandel – mit digitalen Lösungen zu begegnen. Innovative, junge und kluge Köpfe haben sich den Herausforderungen in interdisziplinären Teams gestellt und dabei innovative Ideen und Lösungsansätze entwickelt“.
Und auch die Schirmherrin der Digital Future Challenge 2021, Bundesministerin Christine Lambrecht, zeigt sich beeindruckt von den Ausarbeitungen: „Die Lektüre der Projektbeschreibungen zeigt eindrucksvoll, wie spannend, praxisrelevant und kreativ die Ideen der Wettbewerbsteilnehmerinnen und -teilnehmer sind.“
Welche Ideen die Studierenden verfolgt haben, zeigt dieser Kurzübersicht zu den fünf Finalteams, die ausführlichen Ausarbeitungen können in der Publikation nachgelesen werden:
Platz 1:
Um Kennzahlen verständlich, Ziele messbar und Vergleichbarkeit möglich zu machen, schlägt das Team Memas.ymar ein nutzerfreundliches Dashboard mit allen wichtigen Daten und Kennzahlen zur CO2-Reduktion und Klimaneutralität eines Unternehmens vor.
Platz 2:
Die digitale Spaltung in Afrika möchte das Team M:ESH überwinden, indem es in seinem Projekt vorschlägt, bestehende ICT-Infrastruktur im Sinne der Sharing-Economy zu nutzen und somit den Internetzugang für mehr Menschen erschwinglicher und zugänglich zu machen.
Platz 3:
Eine Produktentwicklungsmatrix, die es ermöglichen soll, die Akzeptanz von Robotik in der Pflege zu steigern und somit für mehr Kosteneffizienz sowie Arbeits- und Pflegequalität zu sorgen, stellt das Team Blaues Zebra vor.
Das Team Agile Seekers hat das Ziel, mithilfe seiner selbst entwickelten Plattform ThinkTanks agiler zu gestalten und somit die Kommunikation über eine nachhaltige Zukunft zu verbessern.
Mithilfe einer ethischen Sprachassistenz erhofft sich das Team Senex, allen Menschen eine aktive und selbstbestimmte Teilnahme an der Gesellschaft zu ermöglichen. Im Mittelpunkt stehen dabei Demenz-Erkrankte und ihre Angehörigen.
Das gesamte Finale der Digital Future Challenge:
(Foto: Tobias Koch)
Welche Chancen und Herausforderung liegen in dem Sieger-Projekt?
Im Gespräch mit den MeMas.ymar und Nicolai Andersen von Deloitte Deutschland
Nach dem Finale haben wir zwei VertreterInnen des Teams MeMas.ymar, Mirko Lubbe und Leoni Bushuven, und Nicolai Andersen, Leiter des Geschäftsbereichs Consulting bei Deloitte Deutschland, für ein Gespräch zusammengebracht. Das Team Memas.ymar hatte den Anwendungsfall von Deloitte bearbeitet, in dem es um den Digital Carbon Footprint ging und wie digital-kreative Lösungen gestaltet werden können, um CO2-Emissionen durch Verhaltensänderungen von Mitarbeitenden zu senken. Die Idee des Teams MeMas.ymar basiert dabei insbesondere auf einem Dashboard, das Daten der Reisetätigkeit verwendet und mit Gamification-Elementen informative Anreize setzt, um Alternativen für das individuelle Reiseverhalten der Mitarbeitenden zu visualisieren.
Mit dem Datifizierungsansatz sieht Nicolai Andersen einen generellen Trend, im unternehmerischen, aber auch persönlichen Umfeld widergespiegelt. „Insbesondere große Software-Unternehmen treiben Datafication-Ansätze und den Einsatz von Dashboards. Die Idee des Teams wird daher auch technisch gut umsetzbar sein“. Für ihn steht fest: „Wenn Mitarbeitende von Deloitte Ressourcen verwenden – das kann Geld, Zeit oder auch Umweltressource sein – dann hat Deloitte auch Verantwortung dafür und die sollte auch gemessen werden können“. Dem Thema Datenschutz – einem entscheidenden Akzeptanzkriterium – hat das Team besondere Aufmerksamkeit gewidmet und mit den ExpertInnen, Dr. Söntje Hilberg von Deloitte und Prof. Dr. Dirk Heckmann von der Technischen Universität München, darüber diskutiert. Eine frühzeitige Einbindung von Sozialpartnern wie dem Betriebsrat und der Einsatz von Pilotprojekten wird im Gespräch als sinnvoll und notwendig diskutiert, um dem Vorwurf des Monitorings proaktiv entgegenzutreten.
Das Risiko fehlender Akzeptanz von ArbeitnehmerInnen wird vom Studierenden-Team des Masterstudiengangs Medien-Management eher gering eingeschätzt. Transparenz, die Vermittlung des entstehenden Mehrwertes und damit einhergehend das Schaffen eines Nachhaltigkeitsbewusstseins sehen sie dafür als entscheidende Faktoren. Für das Weimarer Team, das insgesamt aus fünf Studierenden besteht – neben Leoni Bushuven und Mirko Lubbe gehören Aline Brun, Mariana Martins Franco da Cunha und Sebastian Scheffel dazu – steht fest, dass das Dashboard nicht als Verbots-Tool angelegt sein soll, sondern um den Mitarbeitenden auf individueller Ebene ein Bewusstsein für ihren CO2-Verbrauch zu vermitteln und als Entscheidungsgrundlage zu dienen. Daher ist für sie auch klar, dass weitere Faktoren bei der finalen Entscheidung für ein vor Ort oder digitales Meeting miteinfließen müssen. Leoni Bushuven sagt dazu: „Es ist auch wichtig, dass nicht nur der Flug einen CO2-Ausstoß hat, auch ein digitales Meeting generiert Ausstoß durch die Datenübertragung“. Auch die Bedeutung der persönlichen Kontakte könne etwa in die Entscheidung einfließen. Ein ganzheitlicher Ansatz ist Nicolai Andersen wichtig, man könne beispielsweise den Impact auf alle Sustainable Development Goals (SGDs) beziehen.
In Bezug auf ein transparentes Vorgehen sieht das Team auch eine Chance, möglichen Greenwashing-Vorwürfen entgegenzutreten und die Mitarbeitenden dabei einzubeziehen. Greenwashing ist auch für Nicolai Andersen ein wichtiger Aspekt: Bei Projektumsetzungen in dem Themenkomplex müsse immer auch gefragt werden: „Wie viel Aktionismus vs. Strategie, nach der man wirklich handeln möchte, steckt dahinter?“.
Podcasts zu allen fünf Final-Projekten können hier gehört werden: https://kongressradio.de/kongress-podcast/shaping-the-digital-future-fuer-mehr-digitale-verantwortung/