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CDR-Award: Der Blick zurück nach vorn

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Nach 2021 wird dieses Jahr zum zweiten Mal der CDR-Award für Best Practices im Bereich Digitaler Unternehmensverantwortung vergeben. Vor diesem Hintergrund wollte das CDR-Magazin wissen, was die Teilnehmer*Innen von 2021 dazu bewogen hat, sich zu bewerben: Was waren die Motive? Welche Projekte wurden eingereicht? Was hat die Teilnahme am CDR-Award bewirkt? Dazu sprachen wir mit Adobe, der Hacker-School und dem Identity Valley.

Dieses Jahr findet zum zweiten Mal die Verleihung des CDR-Awards statt. Ausrichter sind erneut der BVDW und Bayern Innovativ. Ziel des Awards ist es, Best Practices im Bereich der Corporate Digital Responsibility (CDR) auszuzeichnen.

CDR ist eine vergleichsweise junge Disziplin. Sie adressiert die Verantwortung von digitalem Handeln für eine positive Entwicklung von Unternehmen, Gesellschaft und Umwelt. CDR geht über regulatorische Anforderungen hinaus und wird als proaktive Selbstverpflichtung verstanden. Sie reicht vom Umgang mit Daten und der Berücksichtigung von Verbraucherbelangen, über die Beziehungen zu Mitarbeitenden, bis hin zur Erschließung neuer Geschäftsmodelle.

Beim CDR-Award werden auch dieses Jahr wieder Preise zu drei Handlungsfeldern vergeben:

  • CDR und Verbraucherbelange.
  • CDR und Mitarbeitende.
  • CDR und neue Geschäftsmodelle.

Die Unterteilung hat sich sowohl aus Sicht der Veranstalter als auch der Teilnehmer*Innen bewährt. Zu jedem der drei Bereiche gingen 2021 eine Vielzahl von Bewerbungen großer, mittlerer und kleiner Unternehmen ein.

Von drei Organisationen, die ihre Projekte beim ersten CDR-Award 2021 eingereicht haben, wollten wir erfahren, was sie damals zur Teilnahme motiviert hat, zu welchem der drei Bereiche sie welche Projekte eingereicht haben und wie sich die Teilnahme am CDR-Award ausgewirkt hat.

Adobe

Das global agierende Unternehmen engagierte sich nach Aussage von Stefanie Valdes-Scott, Head of Policy and Government Relations EMEA, schon Jahre vor dem ersten CDR-Award im Umfeld der Corporate Digital Responsibility – allerdings mit etwas anderer Bezeichnung: Bei Adobe sprach und spricht man eher von Digital Citizenship. Die dahinterstehenden Ziele sind wiederum eng mit CDR verwandt: Es geht darum, nicht nur Digitale Technologie zu produzieren, sondern diese auch ethisch vertretbar und gesellschaftlich sinnvoll zu gestalten.

Vor dem Hintergrund gelebter Unternehmensgrundsätze trug Adobe Deutschland ab Anfang 2020 bereits aktiv zur Entwicklung der CDR-Building-Bloxx – dem weltweit ersten CDR-Framework – bei, bevor man sich im Herbst 2021 entschloss, sich mit der Content Authenticity Initiative (CAI) beim ersten CDR-Award zu bewerben. Die CAI ist ein von Adobe initiierter Zusammenschluss großer Medien- und Technologieunternehmen zur gemeinsamen Entwicklung eines open source Industriestandards, um aktiv gegen die zunehmende Desinformation im Netz vorzugehen.

Grafik: Die CAI hat mittlerweile über 1.000 Mitglieder, darunter Kamerahersteller, Medienhäuser und Softwarehersteller. 

Die Ende 2019 ins Leben gerufene Initiative ist heute im Angesicht der rasanten Zunahme generativer KI aktueller denn je. Ihre Mission: Vertrauen in Medien auf technischem Level zu stärken. Das Instrument: Zentrale Herkunftsdaten audiovisueller Assets durch robuste Metadaten transparent machen. Das Ergebnis: Dank CAI kann die Historie von Assets verlässlich geprüft werden – von wem sie wo, wie und wann hergestellt, bearbeitet und veröffentlicht wurden.

Der CAI geht es darum, den Einsatz von KI-Tools und/oder generativer KI bei der Erstellung, Bearbeitung und Veröffentlichung audiovisueller Medien transparent zu machen, damit mündige und kritische, digital befähigte Verbraucher*Innen selbst einschätzen können, ob ein Inhalt vertrauenswürdig ist oder nicht. Daher wurde die CAI bewusst in der Kategorie „Verbraucherbelange“ eingereicht, um die Bekanntheit der Initiative gleichzeitig bei verschiedenen Stakeholdern des medialen Ökosystems zu steigern: Insbesondere im b2c-Bereich der Verbraucher, als auch im b2b-Bereich der Ersteller und Distributoren von Medien sowie dem Government.

Bei Adobe sagte man sich ganz pragmatisch: Wenn es schon einen ersten CDR-Award gibt, dann möchte man auf jeden Fall teilnehmen. Dabei war der formalisierte Einreichungsprozess mit begrenzter Zeichenzahl aus Sicht von Stefanie Valdes-Scott eine sehr gute Übung, um sich zu fokussieren, Inhalte zu priorisieren und prägnant zusammenfassen. Beim Absenden hatte sie schließlich auch ein gutes Gefühl, weil sie und das gesamte Team von der Relevanz der Initiative voll überzeugt waren (und nach wie vor sind). Bereits in dem Moment, als es die Bewerbung auf die Shortlist schaffte, war das Team happy, weil dies eine erste Bestätigung dafür war, dass eine unabhängige Jury CAI als wichtiges Thema empfand. Kurze Zeit später erfolgte dann die Info, dass am Nikolaustag 2021 – dem Tag der Awardverleihung – möglicherweise noch etwas mehr als die Shortlist zu erwarten sei. Die Spannung stieg, und am Ende gewann Adobe sogar den ersten Platz in der Kategorie „Verbraucherbelange“. Eine Leistung, die selbst im amerikanischen Headquarter von Adobe für Anerkennung sorgte.

Kurzum: Die Teilnahme am CDR-Award hat sich für Adobe gelohnt! Auch die Veranstalter des CDR-Awards waren erfreut, dass ein Weltunternehmen wie Adobe am Wettbewerb teilgenommen hat.

Identity Valley

Mindestens ebenso freuten sich die Veranstalter über die Teilnahme einer Vielzahl mittelständischer als auch kleiner Unternehmen und Organisationen – zum Beispiel des Identity Valleys. Das Handelsblatt schreibt: „Die Identity Valley Initiative ist als europäische Reaktion auf den Hype des amerikanischen Silicon Valleys entstanden. Dort, wo technologische Entwicklungen einander im Spitzentempo jagen, dort wo digitale Technologie zur Maxime erhoben wird, dort wo die Verschmelzung von digitaler und realer Welt die Zukunft bedeutet – dort ist eine Sinnkrise entstanden. Ist Digitalisierung alles? Europa ist ‚das Valley‘ für eine glaubwürdige, transparente und wertebasierte Digitalökonomie.“

Insbesondere der letzte Satz bildet die Brücke zur Bewerbung beim ersten CDR-Award: Das Identity Valley hatte nämlich zu Glaubwürdigkeit, Transparenz und Werten zusammen mit einer Vielzahl von Digital-Expert*Innen die so genannten DRGs, die Digitale Responsibility Goals entwickelt. Diese wurden am 23. Juni 2021 im Europäischen Parlament unter der Schirmherrschaft von MEP Prof. Dr. Angelika Niebler, MEP Brando Benifei sowie MEP Damian Boeselager veröffentlicht. 

Grafik: Die sieben Handlungsfelder der DRGs – der Digital Responsibility Goals.

Jutta Meier, Gründerin und CEO des Identity Valley, erfuhr dann über ihr großes Netzwerk davon, dass erstmals ein CDR-Award verliehen werden sollte – aus ihrer Sicht eine ausgezeichnete Gelegenheit, den DRGs mehr Aufmerksamkeit zu ermöglichen und den Bekanntheitsgrad zu erhöhen.

Eingereicht wurden die DRGs in der Kategorie „Verbraucherbelange“ – ein Handlungsfeld in der das Identity Valley mit bekannten Organisationen wie Adobe und der Otto Group im Wettbewerb stand. Wer mit im Rennen war, erfuhr Jutta Meier allerdings erst, als die DRGs gemeinsam mit diesen und weiteren Einreichungen auf der Shortlist erschienen. Umso mehr erfreute sich das gesamte Team der erst 2020 gegründeten gemeinnützigen Organisation über den dritten Platz in der Kategorie “Verbraucherbelange”. Es war und ist eine wichtige Anerkennung des Ziels, eine vertrauenswürdige mensch-zentrierte digitale Transformation zu fördern und gleichzeitig das Empowerment der Nutzer*Innen von digitalen Lösungen und Services zu unterstützen.

Mit dem Gewinn des CDR Awards 2021 konnte das Identity Valley seiner großen Community mit vielen engagierten Stakeholder*Innen zeigen, dass man auch als kleine und junge Organisation mit einem nachhaltigen und wegweisenden Ansatz eine Rolle spielen kann. Nach dem Award vergrößerten sich zudem das Netzwerk als auch das Team des Identity Valleys deutlich. Mittlerweile wird auch in zwei großen Forschungsprojekten an der Implementierung der Digital Responsibility Goals in den Sektoren “Gesundheit“ und „Food“ gearbeitet. Last but not least wird das Identity Valley in Kürze einige neue Kooperationen bekannt geben, um das Ziel, Digitalisierung aus Europa heraus „mit Trust inside“ lokal, regional, bundesweit, europaweit und global proaktiv zu gestalten.

Vor diesem Hintergrund hat der Freistaat Bayern als erstes Bundesland im März 2023 die Orientierung an den DRGs im Digitalplan Bayern bekannt gegeben. Dazu Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales: „Digitale Transformation ist kein Naturereignis, bei dem wir nur staunend zusehen können. Wir selbst dürfen und müssen entscheiden, wie wir gestalten. Das machen wir mit dem Digitalplan Bayern und darum setzen wir auch auf die Digital Responsibility Goals als übergeordneten Rahmen unserer menschzentrierten digitalen Transformation. Aus Bayern. Für Europa.“

Was bleibt noch zu sagen? Für Jutta Juliane Meier wird der CDR Award immer der erste Award des Identity Valley bleiben – weshalb er auch für das gesamte Team nach wie vor einen sehr hohen Stellenwert besitzt.

Hacker School

Ähnlich und doch anders lief es bei der Bewerbung der Hacker School beim ersten CDR-Award – einer gemeinnützigen Organisation aus Hamburg. Ihr Ziel: Kinder und Jugendliche ab 11 Jahren sollen spielerisch den Umgang mit Programmiersprachen erlernen, um so auch ganz nebenbei Kenntnisse und Fähigkeiten entwickeln, die im 21 Jahrhundert immer wichtiger werden:

  • Arbeiten im Team
  • Grundlegendes Technik-Verständnis
  • Kreatives und kritisches Denken
  • Problemlösungskompetenz
  • Lebenslanges Lernen

Eingereicht wurde das Programm „Hacker School@yourschool“ in der Kategorie „Mitarbeitende“. Nicht ohne Grund: Hinter dem Projekt steht nämlich nicht nur ein innovativer Ansatz, um an Schulen für Chancengleichheit in der digitalen Bildung zu sorgen. Vielmehr geht es auch darum, dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen. Essentiell für dem Erfolg war und ist dabei die CDR von Unternehmen, die ihren Mitarbeiter*innen die Möglichkeit bietet, sich freiwillig über ihren Job hinaus zu engagieren. Die Hacker School verfolgte dabei bewußt den Ansatz, ihre Arbeit ganz nahe beim Thema ESG (Environment, Social, Governance) zu verorten, um so zu verdeutlichen, dass Verantwortungsübernahme im Digitalbereich kein nice-to-have mehr ist, sondern Pflicht und ernsthaftes Engagement!

Grafik: Hacker School

Vor diesem Hintergrund freute sich das Team um Dr. Julia Freudenberg, CEO der Hacker School, sehr über die Auszeichnung des CDR-Awards, denn gerade als gemeinnützige Organisation ist man besonders auf Sichtbarkeit und Anerkennung angewiesen. Nur so kann man verdeutlichen, dass das, was man gemeinsam mit engagierten Unternehmen macht, tatsächlich auf das Ziel digitaler Verantwortungsübernahme einzahlt. Insofern war und ist die Freude nach wie vor sehr groß, dass es gelungen ist, der Jury als auch einer Vielzahl von Unternehmen zu verdeutlichen, wie unkompliziert das Ziel der Hacker School ist – und wie viel Spaß, Engagement und Einsatz ihre Projekte für digitale Bildung ermöglichen.

Mitmachen!

Alle drei Beispiele zeigen: Die Teilnahme am zweiten CDR-Award 2023 lohnt sich – gleich ob als Global Player, als mittelständiges Unternehmen oder als kleine gemeinnützige Organisation. Letztlich gilt aber auch beim CDR-Award die Lotto-Regel: Nur wer mitmacht, kann gewinnen!

Hier geht’s zur Anmeldung … bis Ende April läuft die Einreichungsfrist – und am 28. Juni erfolgt die Award Verleihung.

Oliver Merx

arbeitet als Managing Consultant Digital Health in München. Als ausgebildeteter Rechtsassessor mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht interessiert ihn vor allem das Zusammenspiel von Recht und CDR. Er ist Gründer der 2019 gegründeten CDR-LinkedIn-Gruppe, Autor des CDR-Playbook, Mitgestalter der CDR-Building-Bloxx sowie des internationalen CDR-Manifesto. Seine CDR-Schwerpunkte liegen im Gesundheitswesen, der agilen Gesetzgebung sowie im KI-Kontext.