Gegenwärtige Überlegungen zu CDR bei drei großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften

Drei der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weltweit haben zum Status Quo von CDR Auskunft gegeben und fünf Fragen dazu beantwortet. Die Unternehmen sind insbesondere durch ihre Beratungsleistungen zentrale Akteure: Die Hebelwirkungen bei ihren Kunden können sehr groß sein. Daher ist es interessant nicht nur mehr zu den konkreten unternehmensinternen Maßnahmen zu erfahren, sondern auch die unternehmensexternen Maßnahmen abzubilden. Zudem wird auch dargestellt, welche Relevanz CDR für die Gesellschaft hat und welche Motivation die Unternehmen haben, sich mit CDR auseinanderzusetzen.

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CDR bei Deloitte, EY und PwC

Zu fünf CDR-Fragen haben die drei Unternehmen Deloitte, EY und PwC Auskunft gegeben. Die ausführlichen Antworten dazu, warum CDR beispielsweise nicht als Projekt angesehen wird oder warum nicht alle zu Algorithmus-Experten werden müssen, sind jeweils unter den Ausklapppfeilen zu lesen.

Wann und warum haben Deloitte, EY und PwC angefangen, sich mit der Thematik Corporate Digital Responsibility (CDR) zu beschäftigen?

Antwort Deloitte:

Die öffentliche Aufmerksamkeit für digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz war in Deutschland früh von „Angst-Themen“ überschattet. Die etwas spitz formulierte Frage, „ob uns Roboter die Jobs wegnehmen“ war deutlich häufiger in den Medien zu lesen, als Fragen nach Chancen und Potenzialen. Einerseits möchten wir zeigen, wie neue digitale Technologie unser Leben verbessern und Deutschland zukunftsfit für eine digitale Welt machen können. Gleichzeitig müssen wir als Unternehmen aber auch die Sorgen, die viele Menschen hegen, ernst nehmen.
Deloitte ist das führende Beratungsunternehmen, wenn es um die digitale Transformation geht. Wir haben deshalb früh nach Möglichkeiten gesucht, uns dazu in die gesellschaftspolitische Diskussion einzubringen und Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen, aber auch Ansätze für die unternehmerische Praxis zu entwickeln. Mit der Gründung der AG Ethik der Initiative D21 im Jahre 2017 wurde CDR dann auch ganz offiziell Bestandteil des Themenspektrums bei Deloitte.

Antwort EY:

EY beschäftigt sich im Rahmen der Corporate Responsibility seit Jahren mit dem Thema. Wir verbinden dabei verschiedene Themenbereiche, wie die soziale Verantwortung an unseren Standorten, die Dekarbonisierung und auch Digitalisierung. Unsere aktuelle Kampagne „Digitalstandort Deutschland“ verbindet die Digitalisierung mit der Verantwortung für die Gestaltung der digitalen Gesellschaft. Mit unserem Beratungs- und Prüfungsgeschäft unterstützen wir seit Jahren unsere Mandanten dabei, Digitalisierung zu verstehen und umzusetzen. In Veranstaltungen und Veröffentlichungen versuchen wir, eine ganzheitliche Hilfestellung zu geben, die wirtschaftliche, rechtliche und steuerrechtliche Fragen mit ethischen Fragen und Fragen der Umsetzbarkeit verbindet.

Antwort PwC:

Vor drei, vier Jahren wurde uns klar, wie radikal datengetriebene Geschäftsmodelle und digitale Technologien Wirtschaft und Gesellschaft in extrem kurzen Zeitabständen verändern. Um in diesem ständigen Umbruch stabil zu bleiben, sind Verantwortung und Vertrauen die Schlüsselfaktoren: “Vertrauen ist die neue Währung” (Rachel Botsman). Ohne dieses Vertrauen kann Digitalisierung scheitern – im Geschäftsmodell, aber auch gesamtgesellschaftlich. Umgekehrt wird digitales Vertrauen ein Erfolgsfaktor, wie eine PwC Studie aus 2019 belegt: 68% der Kunden sind loyaler gegenüber Unternehmen, die ethisch mit digitalem Fortschritt umgehen, wobei lediglich erschreckende 4% der deutschen Kunden glauben, dass sie selbst die Kontrolle über ihre Daten haben. In dieser kritischen Gemengelage fehlt es immer noch an Standards, Richtlinien und Kennzahlen zu CDR. Wir verstehen uns daher als verlässlicher Wegbereiter und Standardsetzer von CDR und freuen uns gemeinsam mit unseren Kunden, digitale Unternehmensverantwortung zu realisieren.

Worin sehen Deloitte, EY und PwC die bedeutendsten Auswirkungen auf die Gesellschaft im Falle einer fehlenden CDR? Und worin die bedeutendsten Auswirkungen im Falle einer „guten“ CDR?

Antwort Deloitte:

Das größte Risiko ist, dass das sogenannte „digital gap“ größer und für einige irgendwann unüberwindbar wird. Schon jetzt gibt es digitale Vorreiter und Menschen, die bei vielen digitalen Technologien nicht mehr mitkommen – und das ist nicht nur eine Alters-, sondern oft eine soziale Frage. Wenn Ressourcen wie Technikkompetenz oder auch schlicht entsprechende Hardware fehlen, werden Menschen abgehängt. Ganz aktuell zeigt uns die Corona-Krise, wie das aussehen kann: Digitaler Schulunterricht zuhause ist vor allem für Kinder aus armutsbetroffenen Familien problematisch, wo es vielleicht nicht für jedes Kind einen eigenen Computer gibt. Ältere Menschen ohne Internetzugang können Besorgungen nicht einfach online erledigen, sondern sind auf Einkaufshilfen angewiesen. Händler ohne Onlineshop haben die geschlossenen Läden rasend schnell in wirtschaftliche Not gebracht. Fake News bis hin zu Verschwörungstheorien verbreiten sich, weil manche Menschen nicht gelernt haben, zwischen einem Social-Media-Account und einem seriösen Medium zu unterscheiden.
Die Digitalisierung ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt und dementsprechend betrifft es uns alle, wenn wir verantwortungslos mit dem Thema umgehen.

Der Mensch bleibt im Mittelpunkt, denn digitale Technologien entsprechen unseren Bedürfnissen und Werten – und das kann im globalen Wettbewerb um digitale Vorreiterrollen auch zu einem entscheidenden Standortvorteil werden. Wir sind überzeugt, dass Technologie in einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft nur dann erfolgreich ist, wenn sie von der großen Mehrzahl der Menschen akzeptiert und in ihren Grundzügen verstanden wird. Als Unternehmen müssen wir hier Verantwortung übernehmen, denn der Großteil neuer digitaler Technologien entsteht in Unternehmen. Das macht uns zu den idealen Technikvermittlern, wir können und müssen erklären, wie unsere Technologien funktionieren. Als Gesellschaft brauchen wir digital mündige Bürger, die informierte Entscheidungen darüber treffen können, welche digitalen Möglichkeiten sie nutzen wollen und welche nicht. Ein gutes Beispiel ist hier die aktuelle Debatte um Apps mit denen Infektionsketten nachvollzogen werden sollen. Aus medizinischer Sicht würde das die Bekämpfung des Coronavirus einfacher und effektiver machen, demgegenüber stehen Datenschutzbedenken. Hierzu brauchen Bürger verständliche Informationen, um Risiken und Nutzen abwägen zu können.
Beim Thema CDR gibt es aber auch eine politische Dimension: Unternehmen können die Gesetzgeber kompetent beraten und dabei unterstützen sinnvolle Leitplanken für die Entwicklung und den Einsatz digitaler Technologien festzulegen. Digitale Innovation ist schlichtweg schneller als der Gesetzgebungsprozess und auch in der Politik fehlt manchmal das technische Know-How, Chancen und Risiken realistisch abzuschätzen.
Von CDR profitieren alle – Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Falls jemand also tatsächlich nicht aufgrund von humanistischen Idealen von der Wichtigkeit einer CDR überzeugt sein sollte: CDR lohnt sich.

Antwort EY:

Corporate Digitale Responsibility begleitet die mit der Digitalisierung einhergehende gesellschaftliche Transformation, so dass sie mit unseren Grundwerten im Einklang steht und für alle Beteiligten akzeptabel ausgestaltet wird. Im Falle fehlender CDR droht ein Vertrauensverlust bei Bürgern und Konsumenten, digitale Angebote werden nicht oder zögernd genutzt, Transformationsprozesse werden abgelehnt. Für Unternehmen kann das die Existenz gefährden, wenn die Digitalisierung von Prozessen und Produkten beispielsweise keine Akzeptanz bei Mitarbeitern und Kunden findet. „Gute CDR“ hilft nicht nur dem Unternehmen, Vertrauen zu erhalten und zu festigen. Sie hilft auch der Gesellschaft insgesamt bei einer ökologisch und sozial verträglichen, werteorientierten digitalen Transformation.

Antwort PwC:

Ohne CDR droht im B2B Geschäft der Verlust vertraulicher Geschäftsdaten und im B2C Geschäft die Verletzung der Privatsphäre. Innovationen, die grundsätzlich das Leben besser und einfacher machen sollen, werden dann aufgrund fehlender Akzeptanz durch die Gesellschaft scheitern. Ohne CDR Strategie werden zukünftig notwendige Kompetenzen bei Mitarbeitern fehlen und ohne CDR Kultur wird die Mitarbeitergesundheit durch Always On gefährdet. Risiken und Chancen der Digitalisierung müssen aber in ein vernünftiges Verhältnis gebracht werden und wertebasiert gesteuert werden. Denn keine weitere Digitalisierung ist keine Option – auch weil beispielsweise das Erreichen gesellschaftlich übergeordneter Zielvorgaben, wie den UN Sustainable Development Goals, nur durch Digitalisierung erreicht werden kann.

Durch CDR werden Geschäftspartner und Kunden bereit sein, Daten zu teilen, offen miteinander zu kollaborieren, Informationen weiterzugeben und Systeme oder Quellcodes zu öffnen, sodass die nächste Stufe der Industrialisierung gelingen kann. Durch den Einbezug Digitaler Ethik, einer wertebasierten Produktentwicklung und der konsequenten Weiterbildung aller Mitarbeiter, werden Stakeholder Innovationen und datengetriebene Geschäftsmodelle akzeptiert. Kurzgesagt: CDR ermöglicht Unternehmen die Chancen digitaler Geschäftsmodelle zu nutzen, ohne die Stabilität der Gesellschaft zu gefährden.

Was sind Beispiele von unternehmensinternen und -externen Maßnahmen zu CDR bei Deloitte, EY und PwC?

Antwort Deloitte:

CDR ist für uns kein alleinstehendes Projekt, sondern erstreckt sich im Grunde über alle Unternehmensbereiche. Das Ziel ist, CDR überall und dauerhaft mitzudenken und zwar sowohl intern mit und für unsere Mitarbeiter als auch extern für unsere Kunden und Partner. CDR muss bei der Entwicklung, beim Testing und der Implementierung neuer Produkte und Dienstleistungen eine Rolle spielen und auch darüber hinaus. CDR bedeutet für uns auch, dass der Einsatz von Technologien und deren Auswirkung kontinuierlich beobachtet wird. Der Austausch mit den diversen Stakeholdern, also unseren Mitarbeitern, Kunden, Talenten, Partnern, Politik und Gesellschaft sollte immer ein Teil davon sein.
Entsprechend vielfältig sind unsere Maßnahmen in diesem Bereich, die von unserem Engagement in der AG Ethik von D21 über verschiedene Medienkooperationen wie Morals & Machines mit ada oder dem „Vordenker“-Projekt mit der F.A.Z. bis zur Entwicklung von konkreten Offerings für unsere Kunden oder der Entwicklung von Schulungen und Leitlinien für unsere Mitarbeiter reicht. Wir versuchen das Thema überall mitzudenken, möglichst viele unserer Kunden und Partner einzubeziehen und nicht zuletzt Öffentlichkeit für das Thema zu schaffen.

Antwort EY:

  • EY hat vor 2 Jahren den jährlich stattfindenden „Girls in ICT Day“ in Kooperation mit dem Programm EQUALS der UN und der ITU ins Leben gerufen. Im letzten Jahr konnten wir mit 750 junge Frauen im Alter von 12 bis 17 Jahren in Workshops über die Digitalisierung und neue Technologie diskutieren, gemeinsam eine App programmieren und hoffen dabei die Mädchen für eine Karriere in MINT-Fächern zu begeistern.
  • EY unterstützt die „ReDI School of Digital Integration“ bei ihren Maßnahmen zur Integration von IT-affinen Flüchtlingen.
  • EY ist mit anderen Unternehmen Gründer und Förderer des Digital Society Institute an der ESMT Berlin, in dem interdisziplinäre Fragen der Digitalisierung und Cybersicherheit erforscht und in zahlreichen Veranstaltungen mit Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft diskutiert wird.

Antwort PwC:

Unternehmensintern:
Seit 2016 haben wir die besondere Rolle der Wirtschaftsprüfer zur Unterstützung der Digitalisierung in unserer Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen. Da Big Data und Data Analytics Stakeholderorientierung 2.0 benötigen. Dazu gehören valide Daten, die transparent entlang der Wertschöpfungskette vermittelt werden. So entwickelt PwC aktuell unternehmensintern Data Principles, um den hohen Standard an Qualität zu erhalten. Zusätzlich zu klar formulierten Leitlinien zu Themen wie: Umgang mit sensiblen Informationen (Mitarbeiter- oder Kundendaten), Anforderungen an IT-Sicherheitssysteme, Leitlinien zur internen und externen Online-Kommunikation orientieren wir uns allgemein an der PwC-Ethik-Richtlinie. Mit dem Digital Upskilling-Programm bauen wir zusätzlich gezielt Wissen in relevanten Themenbereichen auf.
Kostenlose Kurse zu Digitalisierung bei einer führenden Online-Akademie für alle Mitarbeiter und der zusätzliche Einsatz der internen PwC Digital Fitness App runden seit zwei Jahren den strategischen Kompetenzaufbau ab.

Unternehmensextern:
Wir unterstützen Unternehmen dabei, digitale Ethik in ihrer DNA zu verankern. Unser Leistungsportfolio reicht dabei von der Erstellung von Prinzipien und Leitlinien, bis hin zur wertebasierten Produktentwicklung und Sensibilisierung von Mitarbeitern. Zusätzlich haben wir einen testierbaren Kriterienkatalog für CDR entwickelt. Anhand dessen können wir Unternehmen den vertrauensvollen Umgang mit Daten, digitalen Anwendungen und Produkten gegenüber Kunden, Mitarbeitern und der Gesellschaft bescheinigen.
Außerdem vernetzen wir Forschung, Wissenschaft und Politik, pflegen Kontakte zu allen relevanten Playern im Bereich CDR und digitale Ethik und haben den CDR Summit 2019 ausgerichtet. Mit Publikationen, wie dem kürzlich erschienenen Whitepaper “Digitale Ethik – Orientierung, Werte und Haltung für eine digitale Welt” (Februar 2020) leistet PwC einen Beitrag zum öffentlichen Diskurs und bietet Unternehmen somit Orientierung zu digitaler Ethik.
Die PwC Stiftung fördert bundesweit Projekte der ästhetischen Kulturbildung im Bereich Neue Medien sowie der wertorientierten Wirtschaftsbildung für Kinder und Jugendliche. Darüber hinaus hat PwC im März 2020 eine gemeinsame weltweite Initiative mit UNICEF für den digitalen Kompetenzaufbau junger Menschen gestartet, um diese fit für das 21. Jahrhundert zu machen.

In welchem Umfang spielen bei Deloitte, EY und PwC künstliche/technologische „Akteure“ (z.B. Bots, Algorithmen) eine Rolle bei CDR?

Antwort Deloitte:

Durchaus in einem beträchtlichen – Algorithmen sind die Grundlage vieler unserer Produkte und Dienstleistungen, wie den Szenario-Designs, die unser Center for the Long View entwirft oder den Produkten, die für unsere Cognitive Services Plattform entwickelt werden, um nur zwei von sehr vielen Beispielen zu nennen.
Trotzdem geht es beim Thema CDR nicht darum, dass wir jetzt alle Algorithmus-Experten werden müssen. Ein wichtiges Ziel von CDR ist eher, Menschen, die algorithmenbasierte Technologie nutzen, ein grundlegendes Verständnis für deren funktionsweise zu vermitteln. Dabei geht es darum, Nutzern transparent zu machen, wie zum Beispiel die Ergebnisse einer Suchmaschine gefiltert werden oder welche Daten den Telematik-Tarif einer Kfz-Versicherung beeinflussen. Einfach nur Algorithmen offenzulegen ist aus CDR-Sicht nicht zielführend. Digital verantwortungsbewusst handelnde Unternehmen erklären den Nutzern auf verständliche Weise die relevanten Aspekte ihrer Technologie und diesen Anspruch haben wir auch gegenüber unseren Kunden, Mitarbeitern und Stakeholdern.

Antwort EY:

EY beschäftigt sich intensiv mit künstlichen/technologischen Akteuren sowohl in der intern, als auch bei unserer Beratung und Prüfung. So hat EY um die Frage zu erörtern, wie sich die Interaktion zwischen Menschen und KI verändern, zusammen mit der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT zehn Thesen formuliert. Diese sind durch einen intensiven Austausch mit KI-Experten und KI-Lösungsanbietern aus Forschung und Praxis entstanden.

Aber auch als Bestandteil der Workshops beim „Girls in ICT Day“ werden die Möglichkeiten von Bots und KI besprochen und an Programmierbeispielen erlebbar gemacht.

Antwort PwC:

Um KI besser zu verstehen, hilft PwC den Unternehmen dabei Veränderungen aktiv zu bestimmen und zu gestalten. KI und technologische Akteure finden außerdem zunehmend Einzug in unser komplettes Dienstleistungsangebot – sowohl in der Beratung, als auch in der Wirtschaftsprüfung. Daher beschäftigen wir uns intensiv mit dem Thema, insbesondere auch in der Produktentwicklung. Intern und extern sehen wir das absolut lösungsorientiert und empfehlen z.B. Unternehmen Lösungen und Technologien erst, wenn sie praxisrelevant sind. Nicht jede Lösung oder Herangehensweise muss mit KI gleichgesetzt oder mit Hilfe von KI gefunden werden. Im Übrigen wird KI zu oft als ein Allheilmittel, zu einer Art künstlichem Superhirn hochstilisiert, das dem menschlichen Verstand haushoch überlegen ist. Der aktuelle Stand auf dem sich KI momentan befindet ist aber noch lange nicht so weit. ‚Intelligent‘ sind diese algorithmischen Systeme nur in einem sehr engen Sinn. Menschliche Eigenschaften, wie das berühmte Bauchgefühl, Kreativität, Neugier oder Risikobereitschaft sind dem rationalen Kalkül nach wie vor überlegen. KI ist eher eine Art kognitives Werkzeug, das den Menschen unterstützen, nicht aber ersetzen kann.

Wo sehen Deloitte, EY und PwC die größten Herausforderungen in der Umsetzung von CDR (Personal, Kultur, Investitionen, wirtschaftliche Gründe, …)?

Antwort Deloitte:

Wie schon kurz erwähnt, ist CDR aus unserer Sicht kein Projekt, dessen Ziel man irgendwann erreicht und welches man damit dann auch abgeschlossen hat. CDR muss ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur werden und das bedeutet, dass alle Stakeholder, von den Auszubildenden über das Management bis zu den Kunden, mit ins Boot müssen. Ethik ist ein hochkomplexes Themenfeld, in dem es nicht immer eindeutige Antworten, sondern viele Grauzonen gibt. Ganz klar: Das kann anstrengend sein und erfordert Engagement. Aber hier geht es letztendlich um unsere Zukunft und die Frage, in was für einer Welt wir leben möchten. Die Digitalisierung schreitet so oder so weiter voran, aber wir haben die Chance, eine lebenswerte digitale Zukunft für uns alle zu gestalten. Das ist eine Verantwortung, der wir uns bei Deloitte gerne stellen möchten – auch wenn es manchmal anstrengend wird.

Antwort EY:

Die größten Herausforderungen liegen im kulturellen Wandel innerhalb der Organisation. CDR bedeutet eine neue Dimension für das Gestalten von Digitalisierungsprojekten. Fragen des Vertrauens, der Nachhaltigkeit und der Sozialverträglichkeit müssen berücksichtigt werden. Dies gelingt nur, wenn der Wandel Ebenen-übergreifend stattfindet. EY und sein Tochterunternehmen etventure können hierbei auf Erfahrungen zurückgreifen. Sie haben bereits einige Konzerne bei derartigen Veränderungsprozessen unterstützt.

Antwort PwC: 

Die Vorteile von CDR und das Wissen über mögliche Konsequenzen fehlender CDR unternehmensweit zu vermitteln, sehen wir derzeit als größte Herausforderung an. Auch unsere PwC-Befragung zur digitalen Ethik (2019) zeigt: Unternehmen fehlt es vor allem an Personal mit den relevanten Kompetenzen, um unternehmensweit ein Bewusstsein für digitale Ethik und Integrität zu schaffen und CDR-Strategien umzusetzen. Gleichzeitig zeigt die Studie zu unserem aktuell veröffentlichten CDR White Paper, dass zwar 60 % der Unternehmen davon überzeugt sind, dass digitale Ethik ihre Unternehmenskultur beeinflusst, aber nur 24% der Unternehmen ausformulierte Standards zu Fragen der digitalen Ethik haben.

Marie Blachetta

Seit dem 1. Januar 2020 hat Marie Blachetta die Position der Redaktionsleitung für das neue Online-Magazin zum Thema „Corporate Digital Responsibility“ bei der Initiative D21 inne.